Kultivierung

Die gemeinsame Kultivierung von Geist (Xing) und Energie (Ming) in der daoistischen Alchemie und die Rolle des Zinnober Feldes( Dan Tian)

Die meisten Leute, die gerne die alten chinesischen Gesundheitslehren (Yang Sheng), Qi Gong oder Kampfkünste praktizieren, kennen alle die drei Dan Tian, haben aber vermutlich auch feststellen müssen, dass es verschiedene Theorien über die genaue Position und Funktion der drei Dan Tian gibt.

Im alten China wurde dieses Wissen nur sehr restriktiv weitergegeben, so gab es viele Personen, die sich ein wenig Wissen durch Bücher aneigneten aber keine direkte Unterweisung durch einen Meister genossen. Infolgedessen wurden durch blindes Raten und Annehmen falsche Ideen und Theorien übertragen.

Auf der anderen Seite wurde in der daoistischen Tradition das Wissen über Generationen weitergegeben und über Jahrtausende verfeinert, bis umfassende Systeme in Theorie und Praxis entstanden. In den Klassikern wie dem „Gelben Kaiser“ dem „Dao De Jing“ oder dem „Zhuang Zi“ usw. werden die Praktiken umschrieben. Konfuzianismus, Buddhismus und der Daoismus beschreiben die Wirkung der Dan Tian auf Ihre Weise. Da aber das Wissen in Metaphern niedergeschrieben und die direkte Unterweisung vielen Geboten und Traditionen unterworfen war, gab es immer nur wenige Personen die in die Geheimnisse eingeweiht waren.

Die Position der drei Dan Tian und Ihre Funktion

Über die Position des unteren Dan Tian gibt es ziemlich viele Ansichten: Die Einen sagen 1.2 Cun, andere 1.3. Cun, 1.5 Cun oder 2.0 Cun unter dem Bauchnabel. Verschiedene Traditionen haben unterschiedliche Kenntnisse vom Dan Tian, so dass der Lernende anfänglich nicht weiss, wessen Ansicht nun die richtige ist. Nachdem ich während Jahren mit meinem Meister, Niu Jin Bao, die traditionellen daositischen Kultivierungsmethoden und Klassiker erlernt hatte, kam ich zum Schluss, dass die Position 1.3 Cun unter dem Bauchnabel liegt. Diese Position wird auch von den alchemistischen Klassikern bestätigt. In vielen Schriften wird die Theorie oft nicht direkt genannt sondern oft in Metaphern wiedergegeben oder mit Beispielen umschrieben, und so haben sich beim Interpretieren verschiedene Ansichten ergeben.

Im Altertum waren die Längenmasse von Dynastie zu Dynastie verschieden, was auch ein weiterer Grund ist für die Schwierigkeit, den exakten Ort des Dan Tian zu bestimmen. Da aber die Prozesse der inneren Alchemie, wie die Medizin, im Körper ablaufen, muss man den „Tong Shen Cun“(=Längeneinheit am eigenen Körper gemessen, 1 Cun ist so lang wie das mittlere Glied des Mittelfingers) benutzen. So spielt es keine Rolle wie gross oder dick der Körper ist. Die Masseinheit bleibt immer das mittlere Glied des Mittelfingers.

Der mittlere Dan Tian ist 1.2 Cun unter dem Herz und der obere Dan Tian liegt zwischen den Augen.

Der untere Dan Tian wird auch Qi Xue (Qi: Energie, Xue: Hohlraum, kennt man als Punkt in der Akupunktur) genannt. Hier wird in der daoistischen Alchemie der Ofen installiert, um die alchemistische Medizin(Yao) zu transformieren. Im Altertum gab es den Spruch:“ oben gibt es den Huang Ting (den gelben Hof), unten den Guan Yuan (den Pass des Ursprungs ), vorne den You Jue( verborgenen Palast) und hinten den Ming Men (das Tor der Energie/Vitalität ) und in der Mitte einen goldenen Ofen. Hier umschreibt der goldene Ofen den Qi Xue. Die Position liegt im Körperinnern. im Verhältnis Sieben zu Drei von Vorne nach Hinten hängt ein Punkt, der sogenannt „echte Qi Punkt“( Zhen Qi Xue). Gemäss meiner Tradition liegt dort, beim Mann der Speicher der Essenz (Jing), und bei der Frau der Baogong, seine Funktion ist, Essenz in Energie zu transformieren. Tatsächlich gibt es an diesem Punkt keinen „Punkt“ und am Ort des Ofen gibt es ursprünglicher weise auch keinen Ofen, erst wenn sich das Qi entwickelt/ankommt entsteht der Punkt.

Der mittlere Dan Tian wird auch violetter Palast genannt. Er liegt gegenüber des „Jia Ji Guan“(beidseits des 7. Brustwirbel). Seine Funktion ist die alchemistische Umwandlung von Energie in Geist (Lian Qi Hua Shen). In ihm wird in der daoistischen Selbstkultivierung für Frauen im Gegensatz zu jener für Männern der „Ofen“ installiert.

Der obere Dantian heisst auch Ahnenpunkt (Zuqiao), der im Prozess der daoistischen Selbstkultivierung eine sehr wichtige Funktion hat, über die man im Altertum geschwiegen und das Wissen nur unter 4 Augen weitergegeben hat. Auf der einen Seite ist der Ahnenpunkt das Tor, an dem das“ Xuan Guan“ ein- und austritt. Das Xuan Guan ist das Licht, dass man vor den Augen sieht wenn die Essenz und Energie im Dan Tian voll sind. Xuan Guan kann als geheimnisvolles(spirituelles) Tor übersetzt werden. Auf der anderen Seite ist der Ahnenpunkt die Wurzel des Geistes (Xing), der Ort an dem man den „Herz-Affen einschliesst“ oder das „Gedanken-Pferd anbindet“. Viele Leute, die heute Meditation praktizieren konzentrieren sich auf den unteren Dan Tian, nicht wissend, dass der Geist (Xing) die Wurzel und die Energie (Ming) die Blüte ist. Die Klassiker sagen: Der Geist ist die Wurzel, die Energie die Blüte. Der Geist (Xing), aus den Augen kommend, ist das Herz. Die Energie(Ming), ist die Niere, und kommt aus dem Yin Gen (Geschlechtsorganen). Im oberen Dan Tian wird der Kessel (Ding) angebracht, um dort die alchemistische Transformation von „Geist in die Leere“(Lian Shen huan Xu) zu praktizieren.

Anmerkung

Die Begriffe Xing(性) und Ming(命) werden hier einfachhalber als Geist und Energie übersetzt. Die Begriffe kann man aber auch mit z.B. essentieller Natur (Xing) und Vitalität(Ming) übersetzen.

Xi Chun-Sheng

Herr Xi Chun-Sheng, geb. 1951 in Beijing, hat ab 1972 während 16 Jahren unter Meister Niu Jin-Bao daoistische Alchemie studiert. Meister Niu war Schüler von Zhao Bi-Chen, dem alten Herrn des Tausend-Gipfel-Berges, Begründer der Tausend-Gipfel–Schule (Qian Feng Dao) und Überlieferer der 11. Generation der „Drachentor Schule“- Schule (Longmen Pai ). Neben daoistischer Alchemie hat Herr Xi von namhaften Lehrern Wudang-, Wu- und Yang-Stil Taiji gelernt. Herr Xi ist heute Stammhalter der 2. Generation der Qianfeng Xiantian Schule und Vorstandmitglied der Beijing Daoist Association

Übersetzung

erfolgte durch Nicolas Leimgruber